Wir fordern ...
Der Kohleausstieg in Kassel bis 2023 ist unsere Hauptforderung. Sie wussten nicht, dass wir ein Kohlekraftwerk in Kassel haben? Am Stadtrand, in der Dennhäuser Straße in Niederzwehren, wird in den Wintermonaten Braunkohle verbrannt, um Fernwärme zu produzieren. Nebenbei wird auch Strom produziert.
Bis 2023 endlich keine klimaschädliche Kohle mehr zu verbrennen ist ambitioniert, aber absolut machbar. Die Städtischen Werke planen den Kohleausstieg erst für das Jahr 2028 [1]. Dafür wollen sie auf Altholz und Klärschlamm umrüsten. Wir sind überzeugt: Das geht deutlich schneller! Denn die Technologien für die Umrüstung sind schon seit Jahrzehnten verfügbar und erprobt. Die Kasseler Kohleverbrennung verursachte 2016 allein 148.548 Tonnen CO2 [2]. Das entspricht rund 10% der gesamten Kasseler Emissionen! [3] Jedes Jahr weitere Kohleverbrennung treibt die Klimakrise weiter voran – lasst sie uns gemeinsam eindämmen!
Für alles Weitere lesen Sie gerne auch unsere FAQs.
[1] https://www.hna.de/kassel/kassel-will-weg-kohle-klaerschlamm-ersatz-12897476.html
[2] Quelle LCP
[3] Stand 2009, keine aktuelleren Zahlen verfügbar: https://www.serviceportal-kassel.de/imperia/md/content/cms05/67/2012_ikk_kassel_kurzfassung_barrierefrei.pdf, S. 7
Wir müssen den schnellstmöglichen Umstieg zu einer Strom- und Wärmeversorgung durch erneuerbare Energien realisieren. Investitionen in neue fossile Kraftwerke mit Laufzeiten von 20, 30 oder mehr Jahren verbieten sich damit automatisch. Denn in nicht mal zwei Jahrzehnten müssen bereits wieder alle Kraftwerke für das 1,5-Grad-Ziel und frühzeitige Netto-Null-Emissionen abgeschaltet werden.
Neben dem oben genannten Kohlekraftwerk sind in Kassel mehrere Heizwerke (für die Wärmeerzeugung), und Heizkraftwerke (für die gleichzeitige Wärme- und Stromerzeugung) in Betrieb, in denen Erdgas und Erdöl verfeuert wird. Wir fordern deren Abschaltung (durch reduzierten Wärmebedarf bspw. durch Häuserdämmung) oder Umrüstung auf regenerative Energien bis 2030. Das kann zentral geplant und umgesetzt werden, und sollte damit „schon“ bis 2030 realisiert werden. Denn: Im privaten Heizungsbereich, bei der Mobilität und insbesondere auch bei der Landwirtschaft sind die Herausforderungen für das Erreichen der Klimaneutralität noch viel größer – und müssen auch dort nur wenige Jahre später gestemmt werden.
Das Verfeuern von Öl und Gas nur für die Wärmebereitstellung in Heizwerken widerspricht einer konsequenten Klimaschutzpolitik, führt uns weiter in die Klimakrise und sollte daher bis spätestens 2030 beendet werden. Aber auch die vermeintlich effiziente Kraft-Wärme-Kopplung des mit Gas betriebenen Heizkraftwerks in Kassel darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass dieses Kraftwerk wärmegeführt wird. Das heißt: Es wird in erster Linie aus Gas Wärme erzeugt, wenn diese im Fernwärmenetz benötigt wird. Strom fällt dabei auch an, aber nicht unbedingt zu der Zeit, wenn es sinnvoll wäre, zum Beispiel, wenn wenig Wind- und Solarenergie verfügbar ist. Dabei sind Wärmespeicher technisch deutlich simpler und wesentlich günstiger als Stromspeicher.
Wir fordern übrigens nicht, dass das Heizkraftwerk bis 2030 abgerissen wird oder ähnliches: Auch bei ambitionierter Klimaschutzpolitik kann es durchaus sinnvoll sein, dass nach 2030 noch ein gasbetriebenes Kraftwerk mit Wärmeauskopplung betrieben wird. Nur sollte es dann zum einen stromgeführt laufen, sich also nach dem Strombedarf richten und damit die Stromerzeugung der Erneuerbaren Energien in Spitzenzeiten ergänzen; und zum anderen sollte es mit erneuerbarem Brennstoff betrieben werden, was zum Beispiel synthetischem Gas sein kann, das mit überschüssigem Strom aus Windenergie und Solarenergie erzeugt wird.
Die effiziente und fossilfreie Deckung des Energieverbrauchs im Gebäudebereich erfordert einen stark geminderten Verbrauch. Die Sanierung geht hier aus ökologischer Sicht vor dem Neubau. Die heutige Sanierungsquote von ca. 0,5-0,6% muss radikal erhöht werden: Selbst bei einer Anhebung auf eine Sanierungsquote von 2% würde es bis 2050 dauern, bis sich der Gebäudebestand auf einem einigermaßen modernen Level befindet. Diese 2% gilt es also noch zu übertreffen.
Damit kann nicht weiter gewartet werden: Wir brauchen jetzt Sofortmaßnahmen, um die Fassadendämmung, die Erneuerung von Fenstern, die Nutzung von thermischen und photovoltaische Anlagen und die Einbindung von Wärmespeichern voran zu bringen! Eine Reduzierung des Heizenergieverbrauchs durch Sanierungsmaßnahmen wirkt gleich doppelt. Zum einen müssen schlichtweg weniger kWh an Wärme bereitgestellt werden. Zum anderen kann dieser niedrigere Wärmebedarf auch besser mit erneuerbaren Energien gedeckt werden, denn bei besser gedämmten Gebäuden reichen niedrigere Temperaturen in den Heizkörpern aus, um für ein angenehmes Raumklima zu sorgen. Und auf diesem niedrigeren Temperaturlevel lässt sich die Wärme effizienter mit Solarthermie oder mit Wärmepumpen erzeugen – im selben Haus, in der Nachbarschaft oder über ein Fernwärmenetz. Die jeweils beste und effizienteste Energieversorgung muss schleunigst in Quartierkonzepten geplant und umgesetzt werden.
Wir müssen zwischen 2040 und 2050 Klimaneutralität auf der gesamten Erde erreichen, um eine dramatische Erwärmung des Klimas noch verhindern zu können [1].
Klimaneutralität heißt, dass nicht mehr Treibhausgase wie z.B. CO₂ oder Methan ausgestoßen werden dürfen, als durch andere Prozesse wie Aufforstung wieder aufgenommen werden können. Nur dann besteht die Chance, lebenswerte Bedingungen für alle Menschen zu erhalten. Deswegen hat Deutschland das völkerrechtlich verbindliche Paris-Abkommen unterzeichnet, indem sich 196 Staaten verpflichtet haben, die globale Erwärmung auf 1,5° Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Niveau zu beschränken.
Die Industriestaaten haben dabei eine besondere Verantwortung, weil sie das Klima schon viel länger belasten, die technischen und ökonomischen Möglichkeiten für eine schnelle Energiewende haben und gleichzeitig vergleichsweise glimpflich bei der Klimakrise davonkommen werden. Wir in Kassel sollten also darauf hinarbeiten, die Klimaneutralität in unserer Stadt schon früher zu erreichen.
Für das Klima sind aber nicht nur die Emissionen von Kraftwerken relevant, sondern tatsächlich aus allen Bereichen des Lebens. Es geht also nicht nur um die Strom- und Wärmebereitstellung, sondern genauso um die Mobilität und die Landwirtschaft. Und zwar für alle, vom Privathaushalt der 3-köpfigen Familie über das kommunale Bürgerbüro bis hin zum großen Industriebetrieb mit eigenem Schmelzofen. Wir als Stadtgesellschaft brauchen eine Strategie, wie wir schnellstmöglich den Rahmen schaffen, dass nicht nur die kommunalen Eigenbetriebe, sondern auch private Haushalte, Gewerbe, Industrie und Landwirtschaft CO₂-neutral werden.
[1] https://newclimate.org/2019/03/14/15c-was-deutschland-tun-muss/)
Konkrete Reduktionsziele allein sind wirkungslos, wenn das Verfehlen dieser Ziele häufig gar nicht erst bemerkt wird oder folgenlos bleibt. So hat sich die Stadt Kassel bereits 1991 dazu verpflichtet, die Treibhausgas-Emissionen bis 2010 zu halbieren (Manifest europäischer Städte zum Bündnis mit den Indianervölkern Amazoniens vom 15.8.1990). Das integrierte Klimaschutzkonzept von 2012 sah vor, die Treibhausgas-Emissionen alle fünf Jahre um 10% zu reduzieren.
Beide Ziele sind seitdem weitgehend ignoriert worden. Deshalb braucht es Kontrollmechanismen, auch unter Beteiligung von Wissenschaft und Zivilgesellschaft. Anscheinend gibt es nur mit einem regelmäßigen Austausch auf Entscheidungsebene (mind. einmal pro Quartal) und öffentlicher Kontrolle die Chance, dass wir als Kasseler Bürger*innen gemeinsam unsere Klimaziele einhalten. Nordhessen hat zudem viel wissenschaftliches und Praxis-Knowhow im Energiebereich, das es zu nutzen gilt.