Abstimmungsfrage

Mit dem Bürgerbegehren beantragen alle Unterschreibenden, dass die Bürger*innen Kassels über unsere Abstimmungsfrage zur Wahl gebeten werden. Diese Abstimmungsfrage sieht auf den ersten Blick vielleicht etwas kompliziert aus – ist aber rechtlich notwendig. An dieser Stelle wollen wir ein bisschen Licht in das Dickicht des Paragrafen-Dschungels bringen.

Warum also diese lange Abstimmungsfrage?

Im Grunde möchten wir die Bürger*innen Kassels fragen: „Sind Sie dafür, dass das Fernwärmekraftwerk Kassel an der Dennhäuser Straße ab dem 1.7.2023 kohlefrei betrieben wird?“ Nach ausführlicher Beratung mit unserem Rechtsanwalt haben wir uns dann jedoch entschieden, die Frage auf rechtlich sicherere Beine zu stellen und den Weg über die Satzungsänderung zu gehen. So oder so wäre das der Weg der Wahl gewesen. Hier ist der Hebel, den wir nutzen wollen: Das Kraftwerk ist letztendlich in kommunaler Hand, weswegen wir als Bürger*innen darüber mitentscheiden können und sollten!

Diese Grafik zeigt, wie der Zugriff auf das Kraftwerk funktioniert:

Der Stadtkonzern KVV (zu 100% in der Hand der Stadt Kassel) ist Mehrheitseignerin der Städtischen Werke AG, die wiederum mehrheitlich an der Städtischen Energie und Wärme GmbH beteiligt ist. Diese GmbH betreibt das FKK.

Über diesen Weg, da Vertreter*innen der Stadt im Aufsichtsrat der Städtischen Werke entsandt sind, kann eine Satzungsänderung beantragt und für diese gestimmt werden. So können wir den Städtischen Werken als kommunales Bürgerunternehmen eine „grünere“ und nachhaltigere Ausrichtung des Geschäftsbetriebs geben.

Im Aktienrecht, die den Rahmen für Aktiengesellschaften wie die Städtischen Werke geben, ist allerdings festgeschrieben, dass die Satzung nicht zu sehr ins operative Geschäft eingreifen darf, genauso wie der Aufsichtsrat. Denn das operative Geschäft ist in der Verantwortung der Geschäftsführung (in diesem Fall bei Herrn Maxelon). Um den Kohleausstieg verbindlich zu machen, wählen wir den Weg über die Satzungsänderung, damit die Geschäftsführung diese Änderung auch ausführen muss. In unserem Begehren mussten wir diese Satzungsänderung konkret benennen, um eben nicht Gefahr zu laufen, die operative Geschäftsführung zu beeinflussen, sondern nur unseren Einfluss als Bürger*innen auf die Satzung der Städtischen Werke geltend zu machen.

So kommt die lange und paragrafenlastige Abstimmungsfrage zustande:

Sind Sie dafür, dass die Stadt Kassel die Geschäftsführung der Kasseler Verkehrs- und Versorgungs-GmbH (KVV) anweist, im vorgesehenen Verfahren folgende Abänderung des § 2 der Satzung der Städtische Werke AG zu beantragen und zu Gunsten dieser Satzungs-änderung zu stimmen (Änderungen sind in fetter Schrift gehalten):
 
§ 2 – Gegenstand des Unternehmens
1. Gegenstand des Unternehmens ist die umweltverträgliche Versorgung mit Strom, Gas, Wasser und Fernwärme, die unter Einsatz von möglichst klimaneutralen Techniken bereitgestellt werden, sowie der Betrieb von Badeeinrichtungen, Abfall- und Wertstoffbehandlung sowie Anlagen der Straßenbeleuchtung.
2. lnnerhalb dieser Grenzen ist die Gesellschaft zu allen Geschäften und Maßnahmen berechtigt, die zur Erreichung der Gesellschafts-zwecke notwendig und nützlich erscheinen, insbesondere zur Betei-ligung an und Übernahme von Unternehmen gleicher oder ähnlicher Art, zum Erwerb von Aktien, Anteilsscheinen und Geschäftsanteilen sowie zum Abschluss von solchen Unternehmens- und lnteressenge-meinschaftsverträgen.
3. Ab dem 1. Juli 2023 setzt die Gesellschaft in keiner Form mehr Kohle zur Energieerzeugung ein. In sämtlichen von der Gesellschaft betriebenen Kraftwerken wird die Kohleverfeuerung bis dahin beendet und die Kraft-werke ggf. auf klimafreundliche Energieträger umgerüstet. Ihre vorherige Veräußerung oder Verpachtung ist ausgeschlossen.

Unterschriftenliste zum Bürgerbegehren Kassel kohlefrei 2023

Diese entspricht aber im Prinzip genau der Frage, die weiter oben steht „Sind Sie dafür, dass das Fernwärmekraftwerk Kassel an der Dennhäuser Straße ab dem 1.7.2023 kohlefrei betrieben wird?“. Um unser Bürgerbegehren bei der juristischen Prüfung möglichst gut abzusichern, haben wir uns eben für die genauere Frage entschieden.

Wir sind uns bewusst, dass auch noch so viel Mühe, die wir in die Recherchen gesteckt haben und noch so gute professionelle Unterstützung durch den Gutachter uns nicht davor bewahren, dass die Stadt Kassel unser Bürgerbegehren möglicherweise für unzulässig erklärt. Wir haben die Frage und das Begehren nach bestem Wissen und Gewissen erarbeitet und sind dennoch ein Bündnis aus interessierten Bürger*innen, die nicht den gleichen Kenntnisstand wie Jurist*innen der Stadt haben (können). Deswegen haben wir auch stets den Dialog mit der Stadt und den Städtischen Werken gesucht und werden dies auch weiterhin tun.

Jetzt freuen wir uns jetzt auf die Unterschriftensammlung, auf die Rückmeldungen auf der Straße und die öffentliche Debatte. Denn das ist unser Hauptanliegen: Kommunalen Klimaschutz konkret machen, das Thema Wärmewende in die Öffentlichkeit tragen und die Politik in die Pflicht nehmen.

Bei Fragen meldet Euch gerne unter info@kassel-kohlefrei.de und unsere Expert*innen aus der Rechts-AG versuchen dann, sie bestmöglich zu beantworten.